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Studien mit Medizinprodukten

Medizinprodukte sind durch ihre Zweckbestimmung charakterisiert und sind zur Anwendung am Menschen für diagnostische oder therapeutische Zwecke bestimmt (z. B. Verbandstoffe, Infusionsgeräte, Katheter, Herzschrittmacher, Sehhilfen, Röntgengeräte, Kondome, ärztliche Instrumente, Labordiagnostika und Zubehör). In Abgrenzung zu Arzneimitteln wird die Hauptwirkung bei Medizinprodukten nicht durch pharmakologische, immunologische oder metabolische Prozesse und Wirkungsweisen erreicht.

Im Jahr 2021 und 2022 standen große Veränderungen der rechtlichen Grundlagen für Studien mit Medizinprodukten und In-vitro-Diagnostika an.

Die europäischen Verordnungen für Medizinprodukte (Medical Device Regulation, MDR) und für In-vitro-Diagnostika (in vitro diagnostic medical device regulation, IVDR) wurden am 5. Mai 2017 im EU-Amtsblatt bekannt gegeben. Offizielles Inkrafttreten der europäischen Verordnungen war 20 Tage nach der Veröffentlichung am 25. Mai 2017. Nach einer dreijährigen Übergangsfrist sollte die MDR ab dem 26. Mai 2020 verpflichtend anzuwenden sein, dieser Termin wurde auf den 26. Mai 2021 verschoben. Die IVDR ist nach einer fünfjährigen Übergangszeit ab dem 26. Mai 2022 verpflichtend anzuwenden.

Mit diesen europäischen Verordnungen werden Konformitätsbewertungsverfahren, klinische Prüfungen und klinische Bewertungen von Medizinprodukten gestärkt und vereinheitlicht. Im Allgemeinen steigt die Eigenverantwortung des Herstellers für die Produktsicherheit während der Entwicklung, der Produktion und des Inverkehrbringens. Ergänzt werden die europäischen Verordnungen durch die jeweiligen nationalen Bestimmungen.

Europäische Bestimmungen

EU-Verordnung über Medizinprodukte

Die EU-Verordnung 2017/745 über Medizinprodukte (Medical Device Regulation, MDR) ist ab dem 26. Mai 2021 in allen EU-Mitgliedsstaaten verpflichtend anzuwenden.

In Bezug auf klinische Studien mit Medizinprodukten konkretisiert die MDR die Anforderungen an die klinische Bewertung, sie enthält detaillierte Regelungen des Verfahrens zur Genehmigung klinischer Prüfungen und führt ein zusätzliches Kontrollverfahren für die Konformitätsbewertung der Benannten Stelle für Medizinprodukte mit hohem Risiko ein. Zudem enthält die MDR neue Klassifizierungsregeln, z. B. für Software, Produkte mit Nanomaterialien und sogenannte stoffliche Medizinprodukte. Der grundsätzliche Prozess der Klassifizierung der Medizinprodukte entsprechend des Gefährdungspotentials (Klassen I, IIa, IIb und III) bleibt erhalten.

Die in allen europäischen Ländern gültigen Festlegungen der MDR werden durch die jeweiligen nationalen Gesetze und Verordnungen ergänzt oder spezifiziert.

Zur Verordnung (EU) 2017/745 über Medizinprodukte (MDR)

Die EU-Verordnung über Medizinprodukte (MDR) löst die Medizinprodukte-Richtlinien MDD und AIMD ab.

Mehr zu den außer Kraft getretenen EU-Richtlinien für Medizinprodukte

EU-Verordnung für In-vitro-Diagnostika

Die EU-Verordnung 2017/746 über In-vitro-Diagnostika (in vitro diagnostic medical device regulation, IVDR) ist ab dem 26. Mai 2022 in allen EU-Mitgliedsstaaten verpflichtend anzuwenden.

Die IVDR führt das Konzept der klinischen Bewertung von In-vitro-Diagnostika ein. Die Verordnung enthält detaillierte Regelungen des Verfahrens zur Genehmigung von Leistungsstudien für In-vitro-Diagnostika. Des Weiteren werden die Klassifizierungsregeln für In-vitro-Diagnostika dem Vier-Klassen-System von Medizinprodukten angeglichen. Bei Konformitätsbewertungsverfahren für die Bewertung von In-vitro-Diagnostika der höchsten Risikoklasse wird die Einbindung von europäischen Referenzlaboren beschrieben.

Die IVDR wird durch die jeweiligen nationalen Bestimmungen ergänzt.

Zur Verordnung (EU) 2017/746 über In-vitro-Diagnostika (IVDR)

Da die Bewältigung der derzeitigen Pandemie im Vordergrund der Bemühungen aller Beteiligten steht, sind nicht alle zur Umsetzung der IVDR notwendigen Ressourcen unbedingt vorhanden. Daher wurde zur Sicherstellung einer adäquaten Versorgung mit entsprechenden IVD eine Umsetzung der neuen EU-weiten gesetzlichen Grundlage mit verlängerten Übergangsfristen und somit eine schrittweise Einführung der IVDR vorgesehen. Insgesamt gilt die IVDR planmäßig ab 26. Mai 2022 mit all ihren Anforderungen, jedoch mit unterschiedlich verlängerten Übergangsfristen für die einzelnen Produktklassen.

Zur Pressemitteilung der EU-Kommission vom 20. Dezember 2021 zur schrittweisen Einführung der IVDR

Die folgende, bislang gültige, europäische Richtlinie zu In-vitro-Diagnostika wird am 26. Mai 2022 durch die IVDR ersetzt:

Richtlinie 98/79/EG über In-vitro-Diagnostika (In-vitro Diagnostic Directive – IVDD)

Die Richtlinie 98/79/EG, die auch kurz IVD-Richtlinie genannt wird, gilt nur für In-vitro Diagnostika. Neben der Begriffsdefinition und der Klasseneinteilung greift die Richtlinie ähnliche Bereiche wie die Medizinprodukterichtlinie auf, hat aber zusätzlich Kategorien wie die Anforderung an die Auslegung und Herstellung von IVDs, Infektion und mikrobielle Kontamination, Konstruktion und Umgebungsbedingungen, Anforderungen an Instrumente und Apparate mit Messfunktion, Schutz vor Strahlungen, Anforderungen an Geräte mit externer oder interner Energiequelle, Kontrolle und Erprobung jedes einzelnen Produkts sowie die statistische Überprüfung von Chargen. Die IVDD geht über in die IVDR.

Zur Richtlinie 98/79/EG über In-vitro-Diagnostika (IVDD)

 

Nationale Bestimmungen

Die neuen EU-Verordnungen (MDR und IVDR) bringen auch eine Erneuerung der nationalen Bestimmungen und Gesetze mit sich. Diese Anpassungen, ebenso wie spezifische nationale Festlegungen, erfolgen hauptsächlich durch das Medizinprodukte-EU-Anpassungsgesetz (MPEUAnpG). Das MPEUAnpG enthält unter Artikel 1 das Medizinprodukte-Durchführungsgesetz (MPDG), welches das bisher gültige Medizinproduktegesetz seit dem 26. Mai 2021 für Medizinprodukte, die unter die MDR fallen, ersetzt. Notwendige Änderungen für In-vitro-Diagnostika sind in dem MPEUAnpG bereits berücksichtigt – diese treten jedoch abweichend erst zum 26. Mai 2022 in Kraft.

Zum Medizinprodukte-EU-Anpassungsgesetz (MPEUAnpG)

Medizinprodukte-Durchführungsgesetz (MPDG)

Für Medizinprodukte ist seit dem 26. Mai 2021 das Medizinprodukte-Durchführungsgesetz (MPDG) verbindlich. Es dient der Durchführung der MDR (EU 2017/745) und der IVDR (EU 2017/746) und ergänzt beide Europäische Verordnungen durch nationale Vorgaben. Mit Geltungsbeginn der IVDR zum 26. Mai 2022 wird der Anwendungsbereich des MPDG auch auf In-vitro-Diagnostika ausgedehnt.

Für die klinische Prüfung ergänzt das MPDG die Rolle des Hauptprüfers und des Leiters der klinischen Prüfung. Zudem wird der Begriff „sonstige klinische Prüfungen“ spezifiziert. Weitere nationale Anforderungen, z. B. in Bezug auf die Antragstellung bei der Ethikkommission und den Beginn der klinischen Prüfung, sind ebenfalls im MPDG zu finden.

Das MPDG wurde am 12. Mai 2021 angepasst durch das Gesetz zur Änderung des Medizinprodukterecht-Durchführungsgesetztes und weiterer Gesetze.

Zum Medizinprodukte-Durchführungsgesetz (MPDG)

Zum Gesetz zur Änderung des Medizinprodukterecht-Durchführungsgesetzes

Medizinproduktegesetz (MPG)

Das Medizinproduktegesetz ist seit dem 26. Mai 2021 für Medizinprodukte, die unter die MDR fallen, nicht mehr gültig. Das MPG gilt nur noch für In-vitro-Diagnostika bis zum Geltungsbeginn der IVDR (EU 2017/746) am 25. Mai 2022 .

Zweck dieses Gesetzes war bzw. ist es, den Verkehr mit Medizinprodukten und In-vitro-Diagnostika zu regeln und dadurch für die Sicherheit, Eignung und Leistung von Medizinprodukten und In-vitro-Diagnostika sowie für die Gesundheit und den erforderlichen Schutz der Patienten, Anwender und Dritter zu sorgen.

Das MPG enthält nationale Vorgaben zu klinischen Prüfungen und Konformitätsbewertungen.

Zum Medizinproduktegesetz (MPG)

In Deutschland wurde das Medizinproduktegesetz (MPG) am 26. Mai 2021 von dem Medizinprodukte-Durchführungsgesetz (MPDG) abgelöst. Die weiteren nationalen Bestimmungen Verordnung über klinische Prüfungen von Medizinprodukten (MPKPV) und die Medizinprodukte-Sicherheitsplanverordnung (MPSV) traten außer Kraft.

Mehr zu den außer Kraft getretenen nationalen Bestimmungen für Medizinprodukte

 

Weitere relevante Dokumente für die Planung und Durchführung klinischer Studien mit Medizinprodukten

ISO 14155: Klinische Prüfung von Medizinprodukten an Menschen – Gute klinische Praxis

Die ISO 14155 stellt den gegenwärtigen Stand des Wissens und der Anforderungen für eine ordnungsgemäße Durchführung von klinischen Prüfungen bei Medizinprodukten fest. Die Norm dient insbesondere zum Schutz von Probanden, die in der Prüfung eingesetzt werden, und soll einen Beitrag zu wissenschaftlich haltbaren Ergebnissen der Prüfung leisten. Die Anpassungen aus dem Jahr 2020 (ISO 14155:2020) heben die besondere Bedeutung der klinischen Evidenz hervor und nehmen die GCP-Grundsätze, das Risiko- und Qualitätsmanagement in die Norm auf. Die ISO 14155 wendet sich an Hersteller von Medizinprodukten und Ärzte sowie Institutionen, die klinische Prüfungen von Medizinprodukten durchführen.

Beuth Verlag: Aktuelle Deutsche Fassung DIN EN ISO 14155:2021-05 (bestellbar)

Medical Device Documents – MEDDEV

MEDDEV-Dokumente stellen konsentierte Empfehlungen verschiedener durch die Europäische Kommission eingesetzter Arbeitsgruppen unter der derzeit noch gültigen MDD dar. Sie sollen alle Interessensgruppen bei der Umsetzung der in der MDR (EU 2017/745) und der IVDR (EU 2017/746) festgelegten Regularien unterstützen. Insbesondere die MEDDEV 2.7 beschäftigt sich mit Anforderungen an die klinische Bewertung und klinische Prüfungen.

Zur Liste aller MEDDEVs

Aktuell werden die MEDDEV-Dokumente zur Umsetzung der MDR und IVDR durch die Medical Device Coordination Group (MDCG) überarbeitet.

Zu den verfügbaren MDCG-Leitfäden