Zukünftige Herausforderungen für akademische studienunterstützende Strukturen
Innerhalb des KKS-Netzwerks e.V. (KKSN) tauschen sich Fachgruppen zu aktuellen Fragen der klinischen Forschung aus. Gemeinsam haben sich der aktuelle Vorstand des KKS-Netzwerks mit den Fachgruppen-Sprecherinnen und -Sprechern im Dezember 2022 in einem ‚Horizon Scanning‘ zu aktuellen und zukünftigen Herausforderungen für die akademische klinische Forschung und die akademischen studienunterstützenden Strukturen ausgetauscht. Es wurden für alle Fachgruppen des KKS-Netzwerks relevante Themen identifiziert, welche die strategischen Schwerpunkte sowohl der Arbeit der einzelnen Fachgruppen als auch der Arbeit des gesamten KKSN bilden sollen:
1. Risk Based Quality Management (RBQM)
In dem 2013 erschienenen Reflection Paper der EMA (1) wird die Grundidee eines risikobasierten Qualitätsmanagements durch kontinuierliche Identifizierung von Risiken während der gesamten Planung, Durchführung, Auswertung und Berichterstattung klinischer Prüfungen beschrieben. Ziel des RBQM ist es trotz hoher Komplexität einer klinischen Prüfung sich auf die wesentlichsten Aspekte einer klinischen Prüfung Patientensicherheit und Datenintegrität – zu konzentrieren und somit die limitierten Ressourcen für eine klinische Studie schonend und effizient einzusetzen. RBQM ist fester Bestandteil der gegenwärtig durchgeführten Studien und hat auch entsprechende Berücksichtigung in der aktuellen Good Clinical Practice Guideline (ICH-GCP E 6 R2) gefunden. Auch die akademischen studienunterstützenden Strukturen haben erste Erfahrungen mit dem risikobasierten Qualitätsmanagement. Trotzdem ist es gerade für akademische klinische Studien eine Herausforderung, RBQM effektiv und sinnvoll einzusetzen, da viele RBQM-Ansätze auf industrielle Sponsoren zugeschnitten sind. Die Fachgruppen des KKS-Netzwerks e.V. wollen gemeinsame Ideen erarbeiten, wie RBQM für die unterschiedlichen Studientypen, die von den Mitgliedern des KKS-Netzwerks durchgeführt werden, zielführend angewandt werden kann.
2. Digitalisierung am Beispiel ‚electronic trial master file (eTMF)‘
Im ‚Trial Master File‘ (TMF) werden alle essenziellen Dokumente einer klinischen Studie (ICH-GCP) abgelegt und archiviert, um auch nach Abschluss der Studie eine Kontrolle der qualitäts- und rechtskonformen Durchführung z.B. durch Behörden zu ermöglich. Der bisher häufig anzutreffende Einsatz papierbasierter TMFs stößt aufgrund der zunehmenden Komplexität klinischer Studien, der immer häufigeren Verwendung elektronischer Dokumente und Kommunikationswege sowie der verlängerten gesetzlichen Aufbewahrungsfristen von bis zu 25 Jahren an seine Grenzen. Daher müssen auch in akademischen klinischen Studien, zunehmend insbesondere auch in gemeinsamen Studien mit industriellen Partnern, neue Wege durch die Verwendung von elektronischen TMFs (eTMFs) beschritten werden. Im direkten Zusammenhang mit dem eTMF stehen noch weitere Prozesse der Digitalisierung wie elektronische Signaturen oder Clinical Trial Management Systeme (CTMS).
Unter Berücksichtigung der spezifischen Anforderungen der einzelnen Bereiche klinischer Studien sollen durch fachgruppenübergreifende Zusammenarbeit spezifische Anforderungen an CTMS und eTMF-Systeme abgestimmt werden, damit diese eine Entscheidungsgrundlage für die Auswahl geeigneter Systeme bieten und nachfolgend auch die standortübergreifende Zusammenarbeit im KKS-Netzwerk vereinfachen können.
3. Studien in Europa: Stärkung der europäischen Arbeit, Vernetzung
Durch die neuen europäischen Verordnungen für klinische Prüfungen mit Arzneimitteln sowie Medizinprodukten ist ein intensiverer Austausch sowie auch eine aktivere Mitgestaltung auf europäischer Ebene notwendig geworden. Aktuell besteht trotz der gemeinsamen, EU-weit gültigen Verordnungen, aus Sicht der KKS/ZKS noch deutlicher Abstimmungs- und Harmonisierungsbedarf. Dieses sieht man auch an Initiativen wie der ACT-EU von EMA und HMA oder neu geschaffenen Beratungsformaten wie z.B. dem Simultaneous National Scientific Advice. Es ist jedoch notwendig, die Belange der akademischen multinationalen Zusammenarbeit auf europäischer Ebene deutlicher zu machen und sich aktiver in den entsprechenden Austausch einzubringen. Dieses ist einerseits über eine noch akzentuiertere Mitarbeit des KKSN in dem europäischen Forschungsnetzwerk ECRIN, aber auch durch eine aktive Mitarbeit des KKSN z.B. in den Arbeitspaketen der ACT-EU, oder durch den verstärkten Austausch zu konkreten Fragestellungen und Vernetzung mit akademischen studienunterstützenden Strukturen in Europa möglich. Daher sollen parallel zu der maßgeblichen Mitarbeit in der europäischen Forschungsstruktur ECRIN und der aktiven Beteiligung auf europäischer Ebene auch die bestehenden Verbindungen des KKSN zu europäischen akademischen Netzwerken intensiviert und ausgebaut werden.
(1) EMA Reflection paper on risk based quality management in clinical trials, 2013: www.ema.europa.eu/en/documents/scientific-guideline/reflection-paper-risk-based-quality-management-clinical-trials_en.pdf